Standard ist laut Bosse eine interdisziplinäre Schmerztherapie mit Entspannungs- und Imaginationsverfahren sowie angstlösenden psychotherapeutischen Interventionen. Außerdem werden Kinesiophobie und dysfunktionale Schonmythen abgebaut. „Für das komplexe Krankheitsbild des CRPS ist die multimodale Schmerztherapie nachweislich anderen Therapien überlegen.“
Die betroffenen Gliedmaßen sollen in den Alltag integriert und genutzt werden, als seien sie gesund – denn sie sind es ja eigentlich auch. Dabei werden die Patienten mit somatischen und psychologischen Verfahren in Kleingruppen von einem interdisziplinären Team in enger Absprache behandelt. Voraussetzung allerdings ist der Ausschluss psychischer Komorbiditäten.
Ein noch relativ neues Verfahren bei CRPS ist hingegen das Bewegungsvorstellungstraining (motor imagery training). Hierbei üben die Patienten konkrete Bewegungskoordinationen, die durch CRPS eingeschränkt wurden, durch mentales Training. Im Verlauf der Therapie organsiert sich die Großhirnrinde neu.
Dies gilt auch für die Spiegeltherapie, die eigentlich zur Behandlung von Phantomschmerz entwickelt wurde. Dabei wird dem Patienten über einen Spiegel die gesunde Hand gedoppelt, die betroffene Hand wird hinter dem Spiegel versteckt. Wenn der Patient die gesunde Hand bewegt und die versteckte Hand ebenso, dann wird seinem Gehirn durch die ausgetrickste visuelle Kontrolle signalisiert, dass beide Hände gleichermaßen funktionieren. Auf diese Weise wird eine Normalisierung des Zusammenspiels von Sensorik und Motorik auf kortikaler Ebene erreicht. Es verbessert sich zudem die zerebrale Körperpräsentation und Körperwahrnehmung und die Bewegungsangst wird reduziert.
Neue Hoffnung durch PEPT?
„Quasi die Speerspitze der Therapien, die auf das ZNS fokussieren, ist PEPT, die Pain Exposure Physical Therapy, eine neue Physiotherapieform aus den Niederlanden“, berichtete Bosse. „Die Behandler erklären den Patienten, dass der verspürte Schmerz kein Warnsignal dafür ist, dass an der betroffenen Extremität ein Problem vorliegt, denn die ist eigentlich heil.“ Das Gehirn habe nur noch nicht mitbekommen, dass das auslösende Trauma bereits geheilt ist. „Den Patienten wird erklärt, dass der Schmerz eine Fehlinterpretation und Fehlregulation des ZNS ist.“
Danach beginnt ein systematisch in der Intensität gesteigertes physikalisches Training. Der eigentliche Knackpunkt aber ist, dass die Patienten auf die Einnahme aller Analgetika verzichten müssen: Vor Beginn der Therapie wird klargemacht, dass jede Schmerzäußerung ignoriert werden wird. Dabei werden auch die Familienangehörigen mit einbezogen.
Die Erfolge sind vielversprechend: Eine niederländische Studie mit 106 Patienten zeigte eine Funktionsverbesserung bei 95 Patienten, 49 zeigten eine vollständige, 46 eine teilweise Wiederherstellung. Nur 4 Patienten sind aufgrund der Schmerzen aus der Therapie ausgestiegen.
„Wenn die Patienten auch intensiv psychotherapeutisch – etwa mit einer Verhaltenstherapie – begleitet werden, weil sie Bewegungsangst haben und eine Neigung zur Katastrophisierung, dann kann diese Methode sehr, sehr gut funktionieren“, so Bosse.
Quelle: Medscpemedizin