Ärzte auf Online-Portalen zu bewerten gehört für viele Patienten zum Alltag. Wie gehen Ärzte mit dieser Kritik um?
Sechs von zehn Ärzten werten ihre Online-Bewertungen mindestens einmal im Monat aus, wie eine jetzt im „Journal of Medical Internet Research“ veröffentlichte Studie der Universität Erlangen-Nürnberg zeigt. Für diese Studie wurden 2360 Ärzte und Heilberufler befragt, die mindestens kostenlos bei Jameda registriert sind, dem nach eigenen Angaben führenden Online-Arztbewertungsportal in Deutschland.
Fast 90% Prozent der befragten Mediziner gaben an, dass sie Einträge, die sie auf Arztbewertungsportalen erhalten, lesen. 61 Prozent werten diese mindestens einmal im Monat aus, jeder Dritte macht dies monatlich (32 Prozent), jeder Zehnte mehrmals im Monat und 19 Prozent sogar mindestens einmal pro Woche. Mit 85 Prozent wertet die große Mehrheit der Ärzte ihre Bewertungen selbst aus, in fünf Prozent der Praxen ist dafür eine Medizinische Fachangestellte zuständig, in acht Prozent ein Praxismanager.
Interessanter Nebenaspekt: Etwa die Hälfte der Befragten gaben an, sie läsen die Bewertungen von Kollegen. Das könne zur Qualitätsverbesserung in Arztpraxen führen, da Vergleiche gezogen und entsprechende Maßnahmen eingeleitet würden, um bessere Leistungen zu erbringen als der Wettbewerb. Zwölf Prozent der Ärzte lesen Bewertungen von Kollegen nach eigener Aussage aber auch, um Patienten zu einem Facharzt zu überweisen.
Mit 55 Prozent hat bereits mehr als jeder zweite Praxischef mindestens einmal auf im Web geäußerte Patientenkritik reagiert. Über die befragten Fachdisziplinen hinweg zeigt sich, dass die Ophthalmologen mit 68 Prozent am sensibelsten sind für die von Patienten online geäußerte Kritik.
An zweiter Stelle folgen die Gynäkologen mit 65 Prozent vor den HNO-Ärzten mit 62 Prozent. Internisten kommen auf 54 Prozent. Die drei letzten Ränge teilen sich die Psychiater mit 50 Prozent vor den Kinder- und Jugendärzten mit 40 Prozent sowie die Schlusslicht sind die ärztlichen Psychotherapeuten mit 38 Prozent.
Am häufigsten veränderten die Ärzte die Patientenkommunikation. Details wurden hierzu nicht abgefragt. Mit 24 Prozent am zweithäufigsten gingen Praxisteams das Thema Terminvergabeprozess an, gefolgt von geänderten Praxisabläufen mit 21 Prozent.
Zehn Prozent schickten ihre Mitarbeiter auf Fortbildung oder verteilten die Verantwortlichkeiten um. Maßnahmen, welche die Praxismitarbeiter betreffen, spielen ebenfalls eine große Rolle.
So gab jeder zehnte Befragte an, aufgrund von Online-Bewertungen Schulungen für das Praxispersonal durchgeführt zu haben. Fast genauso viele haben Mitarbeiterverantwortlichkeiten umverteilt.
Für Prof. Martin Emmert, Inhaber der Juniorprofessur für Versorgungsmanagement, steht angesichts der Studie fest, dass die Arztbewertungen im Web bereits integraler Bestandteil der ambulanten Versorgung sind. „Die Ergebnisse legen nahe, dass Online-Arztbewertungen die Patientenversorgung in deutschen Arztpraxen beeinflussen. Betrachtet man die stetig steigende Anzahl an Bewertungen und die wachsende Relevanz von Online-Bewertungen für die Arztsuche, dürfte der Einfluss in den kommenden Jahren weiter steigen. In den USA beispielsweise liegt der Anteil der Ärzte, die aufgrund von Online-Bewertungen Maßnahmen für eine bessere Patientenversorgung einleiten, bei über 75 Prozent“, so Emmert.
Quelle: Ärztezeitung online